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Christoph Michel

Editorische Nachbemerkung

Die Niederschrift der „Aussprache“ besteht aus einem Titelblatt und 31 paginierten, einseitig beschriebenen Typoskriptseiten (etwas unter dem heutigen DIN A 4-Format); das Konvolut ist nicht geheftet. Das vorliegende Exemplar ist ein Durchschlag (blaue Typenfarbe, dünnes Papier), also eines von mehreren Exemplaren, die nach dem Gespräch im Haus von Bubers Freund Hans Trüb in der Schmelzbergstraße in Zürich (s. „Zur Einführung“) an die Gesprächsteilnehmer (und weitere Freunde und Interessenten) verteilt worden sein werden und von denen bisher nur dieses bekannt ist. Die offensichtlich aus einem Stenogramm übertragene Niederschrift weist nur wenige, durch Punkte und Fragezeichen gekennzeichnete Lücken auf. Unser Abdruck richtet sich in Orthographie und Interpunktion genau nach der Vorlage. Stillschweigend korrigiert wurden nur die wenigen offenkundigen Schreibfehler.

Das Typoskript trägt den mit Bleistift geschriebenen Namen „Nielen“. Damit läßt sich seine Provenienz mit einiger Sicherheit bestimmen. Zusammen mit zwei weiteren typographierten Skripten (Bubers Zürcher Vorträge: „Monologisches und dialogisches Leben“, 13. Juni 1928; „Der heutige Mensch und die biblische Geschichte“, 17. Juni 1928), die denselben Besitzervermerk aufweisen, war es vermutlich kurz nach der Aussprache an den Frankfurter katholischen Studentenseelsorger Josef Maria Nielen (1889-1967) gelangt, der zu den Lesern Bubers gehörte und im August 1928 ein dogmatisches ,Unbedenklichkeitsgutachten‘ für den Abdruck einer Rede Bubers verfaßte (s. Buber: Briefwechsel, Bd. 2, S. 320; Nr. 283). Aus dem Nachlaß Nielens gelangten die drei Typoskripte in den Besitz der Familie seines Freundes Ernst Michel (dessen eigene Exemplare im Zweiten Weltkrieg mit seiner gesamten Bibliothek verbrannt waren). Sie befinden sich jetzt im Ernst-Michel-Archiv Frankfurt a. M. Den Typoskripten beigelegt ist die mit „H. Ka.“ gezeichnete, mit einem Porträtphoto Bubers versehene Ankündigung der „Jüdischen Preßzentrale“ von Bubers öffentlichem, von der Vereinigung „Edes“ veranstalteten Vortrag „Der heutige Mensch und die biblische Geschichte“ am Sonntag, 17. Juni 1828 im Zürcher Schwurgerichtssaal; sie enthält u. a. auch den Hinweis, daß Buber, ein „glänzender Redner“, seine Vorträge in freier Rede zu halten pflegte.

Für die Aussprache Buber — Brunner ist ein Brief Martin Bubers an Hans Trüb von Bedeutung, der sie inhaltlich und methodisch vorbereitet, ja gewissermaßen die ,Regie‘ festlegt (Heppenheim, 28. Mai 1928):

„Lieber Freund — Meinem Gefühl nach sollte man für eine Aussprache wie die geplante [Trüb hatte in einem Brief vom 22. 5. 1928 Vorschläge für einen Ausspracheabend in seinem Hause gemacht] weder Schöpfung noch Erlösung als Thema wählen, denn beides sind Geheimnisse, vor deren Logisierung wir uns hüten müssen; d. h. daß wir sie auf rechtmäßigere Weise erörtern können, wenn wir im Gespräch absichtslos an sie geraten, als wenn wir sie ,uns vornehmen‘. Als ein passendes Thema erscheint mir etwa: Das menschliche Handeln; die Frage also, ob wir, inwiefern wir, wie wir gültig — vor Gott gültig — zu handeln vermögen. Das ist zwar auch eine ,theologische Frage‘, aber eine, bei deren Beantwortung wir ein personhaftes Wissen einsetzen dürfen. Wenn wir von da aus an die Frage nach der Erlösung und der Messianität gelangen, wollen wir versuchen, auch sie nicht bloß von Altem und von Neuem Testament aus, also in der Differenz, sondern auch von der Wirklichkeit unsres eigenen Lebens aus, also vielleicht im konkret Gemeinsamen zu fassen. Bei so einer Aussprache muß ja eine gewisse Methodik vorausgesetzt oder sogar vorausgeschickt werden: es geht zum Beispiel nicht an, sich auf die Bibel, gleichviel ob Altes oder Neues Testament, als auf ,das Wort Gottes‘ zu berufen, so sehr man des Offenbarungsfaktums eingedenk bleibt; man muß festhalten und fahren lassen zugleich. Nur wenn alle rückhaltlos und aufgeschlossen zu einander ausgehen, geschieht das Gespräch“ (Buber: Briefwechsel, Bd. II, S. 317 f; Nr. 280).

Weitere Aufklärung über den Hintergrund der Aussprache ist von der Publikation auch der Briefe und Aufzeichnungen Emil Brunners und Hans Trübs (ein Teil seines Nachlasses wird bereits im Ernst-Michel-Archiv aufbewahrt) innerhalb der Buber-Gesamtausgabe zu erwarten.


Dr. Christoph Michel, Freiburg, lehrt Germanistik an der Universität Saarbrücken. Die „Aussprache“ fand sich im Nachlaß seines Vaters, Prof. Ernst Michel. Die Redaktion dankt Dr. Michel für das Manuskript und für seine Bemühungen um die Abdruckerlaubnis.

„Rabbi Bena‘a sagte: Wer sich mit der Tora um ihrer selbst willen befaßt, dem wird sie zu einer Mixtur des Lebens; es heißt ja: ,Ein Baum des Lebens ist sie jenen, die an ihr festhalten‘ (Prov 3,18). Es heißt ferner: ,Eine Medizin wird sie für deinen Leib sein‘ (Prov 3,8). Es heißt weiterhin: ,Wer mich findet, findet das Leben‘ (Prov 8,35)“ (bTaan 7a).

Jahrgang 6/1999 Seite 52



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