Am 3. Juli 1989 erzählte Gertrud Luckner in einem Gespräch mit Pfarrer Wilfried Schweikhart, Freiburg, über ihre letzten Tage als Häftling Nr. 24648 des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück. Eine Gesprächsnotiz.
Als im Frühjahr 1945 die russische Front immer näher rückte, wurden die Insassen des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück in Bewegung gesetzt, um durch Mecklenburg zu marschieren. Frau Luckner hatte sich zunächst zurückgehalten, um auf die Russen zu warten. Da aber die Zurückbleibenden unter der Drohung standen, erschossen zu werden, ging sie mit. „Ein paar Schuhe haben mir mein Leben gerettet.“ Diese Schuhe waren von irgend jemandem zurückgelassen worden, und Gertrud Luckner hatte sie beim Abmarschieren stehen sehen.
Am 27. April 1945 marschierten die Frauen Tag und Nacht in Richtung Ostsee. „Man wollte uns dort ertränken.“ Glücklicherweise regnete es nicht auf diesem Marsch. So konnte immer wieder nachts auf dem trockenen Boden ein paar Stunden gerastet werden. Ein SS-Mann hatte die Frauen zu befehligen. Wachmannschaften mit Hunden waren dabei ... Man marschierte bereits zwischen den Fronten. In der Frühe des 5. Mai hatten sich die Wachmannschaften davongemacht. Plötzlich stand ein Russe da und sagte: „Krieg ist aus.“ Gertrud Luckner ermuntert ihre verzweifelten Mitgefangenen durchzuhalten. Sie hält heute noch für unbegreiflich, was damals geschehen konnte.
Jahrgang 7/2000 Seite 259