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Thoma, Clemens / Lauer, Simon

Die Gleichnisse der Rabbinen

Erster Teil. Pesiqta deRav Kahana (PesK). Einleitung, Übersetzung, Parallelen, Kornmentar, Texte. Judaica et Christiana Band 10. Peter Lang Verlag, Bern 1986. 430 Seiten.

Dieselben:

Die Gleichnisse der Rabbinen

Zweiter Teil. Von der Entstehung der Welt bis zum Tod Abrahams. Bereschit Rabba 1-63. Einleitung, Übersetzung mit Kommentar, Texte. Judaica et Christiana Band 13. Pe-ter Lang Verlag, Bern 1991. 426 Seiten.

Vor beinahe 100 Jahren widmeten Paul Fiebig und Ignaz Ziegler als erste ihre Aufmerksamkeit den rabbinischen Gleichnissen. Trotzdem dauerte es noch manches Jahrzehnt, bis diese Literaturgattung von der Wissenschaft entdeckt wurde. Die Herausgeber gehören zu den ersten, die rabbinische Gleichnisse systematisch erfaßt, analysiert und kommentiert haben. Die Pesiqta deRav Kahana ist ein homiletischer Midrasch zu den Bibellesungen der Feste und der besonderen Schabbate. Er umfaßt 28 Kapitel und 9 Anhänge. Darin verteilt finden sich 133 Gleichnisse. Das Gleichnis macht also einen wesentlichen Teil des Textes aus und ist es schon deshalb wert, als eigene Literaturgattung betrachtet zu werden. Die Herausgeber haben es sich zum Ziel gesetzt, sämtliche rabbinischen Gleichnisse (Schätzungen schwanken zwischen 500 bis 1400) in einer „wissenschaftlich fundierten Übersetzung, samt Parallelen, mit text- und formkritischem, philologischem, historischem und theologischem Kommentar herauszugeben“ (12). Entsprechend diesem ehrgeizigen Ziel umfaßt die vorliegende Ausgabe u. a. literaturtheoretische Überlegungen (19-34), Gruppierungen (thematische Analysen) der Gleichnisse (35-42), Hinweise zu den Ursprüngen der Gattung (43-55) sowie einen Abriß der Forschungsgeschichte (66-77). Den Hauptteil nehmen Übersetzung und Kommentar der 133 Gleichnisse ein (83-336). Anschließend wird der hebräisch-aramäische Text geboten (339-367) sowie Quellenangaben (367-384) und etliche Register (385-430). Entsprechend der Gliederung der Gleichnisse in „Maschal“ (Bildebene) und „Nimschal“ (Offenbarungsebene) (23), sind die Gleichnisse zweispaltig dargestellt. Nach Angabe von Parallelstellen nennen die Herausgeber die „Veranlassung“ des Gleichnisses: Bibelverse, welche der Gleichniserzähler erläutern wollte. Danach folgt kleingedruckt der „Chiddusch“. Der Begriff Chiddusch (Neues) wird von den Herausgebern aus der rabbinischen Literatur aufgegriffen und dieser hebräischen Literaturgattung entsprechend anstelle von „Pointe“, „disclosure“ etc. verwendet. Dies ist einerseits hilfreich, auf der anderen Seite auch problematisch, da diese vorangestellte Interpretation eigene Deutungsansätze der Leser/innen beeinflußt. Dazu kommt, daß der Chiddusch nicht immer direkt greifbar ist, und der Text dann nur eine vage Inhaltsangabe bietet, — was die Herausgeber aber erkannt haben (22). Der Kommentar umfaßt je nach Gleichnis Ko- und Kontext, Hinweise auf den Sitz im Leben, die Liturgie oder Motivparallelen im Neuen Testament.

Der zweite Band (für Bd. 3 vgl. FrRu 4[1997]278-280) enthält 158 Gleichnisse aus dem großen Midraschwerk Bereschit Rabba, dem Auslegungsmidrasch zum Buch Genesis (hebr. Bereschit). Die Gleichnisse werden auch hier zweispaltig geboten (33-320), gefolgt von den Texten in der Originalsprache (321-350), Quellenangaben (351-362) und hinreichenden Registern (363-426). In Ergänzung zum ersten Band wird hier in der Einleitung die metamorphorische und offenbarungsgeschichtliche Welt der Gleichniserzähler näher beleuchtet (17-24). Dem Königsgleichnis — in über hundert Gleichnissen kommt ein König vor — wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Auf der methodischen Ebene wird der Begriff Chiddusch weiterentwickelt. In Anlehnung an die neuere Sprachforschung wird der Chiddusch gelegentlich in „Pivot“ und „Pointe“ (29) oder in „focus“ und „frame“ (30) auseinandergefaltet. Während das erste Begriffspaar einen allgemein verständlichen, weisheitlichen Satz als Ausgangslage und dessen Zuspitzung oder Verbiegung als Kern des Gleichnisses umschreibt, wird mit focus und frame der Rahmen und der Brennpunkt von Gleichnissen umschrieben, bei welchen kein Pivot vorhanden ist, oder schwer zu finden ist. In diesem Band wurde auf die den Lesefluß störende Transliteration verzichtet. Die hebräischen Begriffe werden entsprechend ihrer Aussprache der deutschen Schreibweise angeglichen. Beide Gleichnissammlungen sind eine gute Ausgangslage für verschiedene Einzeldisziplinen und für weitere Gleichnisforschung. Die so dargestellten und interpretierten Gleichnisse bieten auch eine verständliche Darstellung für Laien.

Olivia Franz-Klauser


Jahrgang 6/1999 Seite 301



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