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Gertrud Luckner
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Berichte

Erinnerung an Gertrud Luckner 1941/42

Im Juni 1977 schrieb die in den USA verheiratete, ehemals in Theresienstadt inhaftierte, deutsche Jüdin Klara Caro die folgenden Erinnerungen an Gertrud Luckner, Gründerin des Freiburger Rundbriefs, die ein Licht auf ihre Tätigkeit in der Nazizeit zum Wohle der Juden werfen. Der Brief war bis vor kurzem verschollen.

Es war im Winter 1941/42, mein Mann und ich saßen allein in dem Zimmer, in dem wir kaserniert waren, im Hinterhaus der verbrannten Synagoge. Da klopfte es um 10 Uhr abends an unserer Türe. Es war nicht die Gestapo, sondern in das Zimmer trat ein zierliches Persönchen, mit den Worten: „Erschrecken Sie nicht. Ich komme als Freund.“ Und sie ... erzählte, sie käme als Abgesandte des Erzbischofs von Freiburg, um den Juden zu helfen und ihre Situation kennenzulernen. So kam sie dreimal und brachte Geld vom Erzbischof, das unter dem fingierten Namen an unsere Menschen nach Lodz geschickt wurde. Denn Juden bekamen damals nur noch 300 Mark monatlich. Sie fragte nach einer Vertrauensfrau in Berlin, und ich nannte ihr Hannah Karminsky. Sie war durch die Quäker zu mir geschickt worden. Dann hörte ich nichts mehr von ihr.

In Theresienstadt, wohin wir indes deportiert worden waren, traf ich eine Frau, die mir erzählte, wie Gertrud Luckner von den Nazis aus dem Zug geholt worden war. Auf ihre Bitte, sie nach Theresienstadt zu schicken, sagten sie höhnisch: „Das möchte dir so passen, zu deinen Juden zu kommen “, und sie schleppten sie in das schlimmste Frauen-KZ nach Ravensbrück. Ich glaubte natürlich, ihr Schicksal sei besiegelt.

Als ich 1946 nach hier kam, las ich im „Aufbau“: „Eine Christin besucht Palästina.“ Ich wußte, dies könnte nur Gertrud Luckner sein, und sie war es. Sie gründete sofort Friede mit Israel“, und sie trat mit Professor Böhm bei Adenauer für unsere Wiedergutmachung ein.

In Israel wird sie als Heldin gefeiert. Ein ... Baum ist für sie gepflanzt in der Straße der Gerechten. Sie gründete den Freiburger Rundbrief für christlich-jüdische Verständigung, ... in dem Geistliche und Gelehrte aller Konfessionen mitarbeiten.

Die wichtigste Waffe ist das in unserem Kampf gegen Antisemitismus. Es wäre sehr wichtig, wenn der Rundbrief ins Englische übertragen würde, um der amerikanischen Jugend zugänglich gemacht zu werden. Wenn ein Nichtjude verdient, von uns Juden geehrt zu werden, so ist es Dr. Gertrud Luckner.

Das „Fin de siècle“ (1880-1914) und die heutige Jahrhundertwende

Drei Tage lang (2.-4. Sept. 1996) wurde an der Hochschule Luzern von angesehenen Fachleuten (besonders Historikern) darüber diskutiert, welche richtigen oder falschen Weichenstellungen die jüdischen und die katholischen Bildungseliten an der ungefähren Wende vom 19. zum 20. Jh. vornahmen und wie sich das alles für später —  eventuell bis heute —  auswirkte. Vier Professoren kamen von der Hebräischen Universität Jerusalem, drei Historiker aus Deutschland und 10 aus Schweizer Universitäten. Die Problematik war von den Luzerner Planern gut ausgedacht worden. Am letzten „Fin de siècle“ kam es (1897) jüdischerseits zur Gründung des Zionismus. Die katholischen Führungsschichten dagegen waren damals stark von immobilen Abwehrhaltungen den überwiegend protestantischen und industriellen Fortschrittskräften gegenüber geprägt. Die katholischen und die jüdischen gesellschaftlichen und sozialen Randkräfte sind einleuchtende Beispiele dafür, daß auch „Aussteiger“ aus Zeitströmungen und Opponenten gegen die Modernität wichtige Zeilen in das Buch der Geschichte schreiben. Der auf nächstes Jahr geplante Sammelband über die Tagung wird instruktiv sein.

Nicht alle Blütenträume am Luzerner Symposium sind zur Reife gekommen. Einige junge Historiker haben teilweise unter Nichtbeachtung des historischen Kontextes Polemik statt Historie vorgetragen. Dies gilt für Olaf Blaschke, Bielefeld („Die katholische Bildungselite und die Krisenmentalität im ,Fin de siècle‘), für Aram Mattioli, Luzern („Die ultramontane Bildungsoffensive im Kanton Fribourg“) und für Markus Ries, Luzern („Kunst und Wissenschaft im Schatten der Modernismuskrise“). Andere Referate waren von beinahe unerschöpflicher Reichhaltigkeit, was sich dann auch auf die Diskussionen auswirkte: Josef Mooser, Basel („Das wilhelminische Deutschland und seine Kulturmilieus angesichts der Krise des ,Fin de siècle‘“), Hansjörg Siegenthaler, Zürich („Die Schweiz in der Krise des ,Fin de siècle‘), Robert Wistrich, Jerusalem („Herzl, Nordau und die Kritik an der ,Fin de siècle‘-Kultur“), Michael Graetz, Luzern/Jerusalem („Jüdische Studenten als Träger der politischen Radikalisierung“) und andere.

Zur öffentlichen Diskussion am Schluß wurden auch Leute der Öffentlichkeit beigezogen. Michael Kohn, Zürich, Vizepräsident des europäisch-jüdischen Kongresses und Nationalrat Hans Widmer, Luzern. Es zeigte sich, daß das „Fin de siècle“ nicht ohne Einschränkungen in unsere Zeit hinüberwirkt. Stets ist die Zeit des Nazi-Terrors dazwischen, die ihrerseits weder durch das „Fin de siècle“ noch von der Nachgeschichte aus genügend beleuchtet werden kann. Unser Jahrhundert hat sich in nicht endenden Krisen- und Kriegssituationen entwickelt. Die Gesellschaft ist zersplittert und Religionsgemeinschaften haben korporativ versagt. Wir können kaum eine Brücke zum nächsten Jahrhundert bauen. Michael Kohn betonte, daß wir das Ausmaß der Krisen des 20. Jh. nicht bagatellisieren dürfen. Die Menschen unserer Zeit warten auf eine Botschaft von Kirche und Synagoge. Auch die Synagoge muß aus ihren schweren Verletzungen herauszutreten versuchen. Sie muß die nichtjüdische Welt besser kennen und verstehen lernen. Er betont auch die Besinnung nach innen, die zur Entwicklung des Verantwortungsgefühls des Einzelnen führen muß. Wir müssen miteinander sprechen, müssen Gemeinsamkeiten finden und das historische Bewußtsein des Individuums stärken. Kirchen und Parteien müssen mehr als nur Organisationen sein. Sie haben für bestimmte Werte einzutreten.

Helga Croner

Schulfach Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde im Land Brandenburg

Im Land Brandenburg wurde vier Jahre lang ein Schulfach Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER) erprobt und zum Schuljahr 1996/97 per Landesschulgesetz als Regelfach eingeführt. Das Fach ist in Deutschland einmalig, sind doch in allen anderen Bundesländern die Inhalte der religionsbezogenen Bildung als Religionsunterricht in der Verantwortung der Kirchen und nicht der öffentlichen Schule. Der Landtag Brandenburg war auch von dem Anspruch geleitet, verschiedene Religionsgemeinschaften an der Einrichtung und Ausgestaltung des Faches LER zu beteiligen. Dies bezog sich auf die kritische Begleitung der Installation des Faches in beratenden Gremien während der Jahre 1991 bis 1996, auf die Erstellung eines Rahmenplans für LER und auf die Beteiligung am Unterricht mit sogenannten „authentischen Vertretern“. Die Religionsgemeinschaften sollten die Entwicklung einer interreligiösen Dialogfähigkeit der Schüler in LER aktiv mitgestalten.

Es lassen sich drei Phasen in der Beziehung zwischen Bildungsministerium und Jüdischer Gemeinde erkennen. Ab März 1991 gab es ein Jahr kongenialer Gespräche. Danach kam es bis September 1995 zu einem dreieinhalbjährigen Kommunikationsstop, während dessen sich in der Jüdischen Gemeinde eine im Bildungsministerium unbemerkte Hinwendung zu christlich-kirchlichen Bildungspositionen vollzog. Ab Oktober 1995 wurde die Installationszeit von LER mit einer Phase der kontroversen Kooperation beider Verhandlungspartner beschlossen.

Die Judentumspolitik im Bildungsministerium war intern lange davon bestimmt, fast schematisch die Zustimmung der jüdischen Landesgemeinde zu LER zur Kenntnis zu nehmen und den Gesprächspartner ansonsten nicht besonders aktiv in das Geschehen einzubeziehen. Man kooperierte vielmehr mit einer reformierten Berliner Synagoge. Hinzu trat eine Konzentration im Bildungsministerium auf die beiden großen Kirchen, deren Verhandlungsgebaren wenig Raum für in der Frühphase abweichende Interessen kleiner Religionsgemeinschaften ließ. In der Darstellung der Beziehung zu „der“ Jüdischen Gemeinde herrschte im Bildungsministerium das Bedürfnis vor, die Verbindung zur Gemeinde als gelungen darzustellen, ohne zwischen der Beziehung zu der Berliner reformierten Synagoge und der Brandenburger Landesgemeinde zu differenzieren. Im Bildungsministerium wurde nach außen pauschal das Bild von einer florierenden Beziehung mit Vertretern des Judentums gezeichnet. Nach Eröffnung des Dissens praktizierte das Bildungsministerium eine Politik der Einbeziehung mit dem Ziel, LER der Jüdischen Gemeinde wieder anzunähern. Mehr als eine stille Hinnahme von LER bei der Landesgemeinde konnte nicht erreicht werden.

Ursachen für die Marginalisierung liegen z. T. bei der Gemeinde selbst. Die Gemeinde war mit der Integration von jüdischen Einwanderern aus den GUS Staaten ausgelastet. LER war dagegen ein unbedeutendes Thema. Unregelmäßige Teilnahme an Sitzungen im Bildungsministerium, mehrfach wechselnde Vertreter und undifferenzierte Positionsbeschreibungen waren für die Entwicklung mit ausschlaggebend. Aufgrund gemeinsamer religionspädagogischer Einschätzungen von LER und möglicherweise des gemeinsamen Minoritätenstatus im Land war die Potsdamer Jüdische Gemeinde mit der katholischen Kirche schließlich ab September 1995 in Sachen LER „gänzlich identifiziert“. Doch standen bei der Gemeinde Beurteilungen zur Sache im Zentrum, die spezifisch vor dem historischen Erfahrungshintergrund des jüdischen Volkes erklärbar sind. So wurde im religionskundlichen Lernansatz erkannt, wie sich der Multireligiöse respektive Religionslose zynisch über den Menschen mit besonderer Religion erhebt, wie dies Juden in ihrer Leidensgeschichte immer wieder erleben mußten. Ein weiterer Erfahrungshintergrund, der einer positiven Sicht auf LER im Wege stand, war mit der einheitlich gemeindepädagogischen Struktur der außerfamiliären religiösen Bildung im Judentum gegeben. Das religionsoffene Bildungskonzept von LER war der Potsdamer Gemeinde ein zu großer Kultursprung.

Die Vorgänge zeigen, daß die Beachtung der jüdischen Gemeinde Land Brandenburg in LER jedenfalls vor September 1995 weder von der Gemeinde noch vom Land Brandenburg hoch gehandelt worden war. Aufgrund ihres Minoritätenstatus ist die politisch-gesellschaftliche Bedeutung der Juden in Deutschland auch etwa im Vergleich zur entsprechend steigenden Relevanz der Muslime gering. Wenn das Thema auch in seiner faktischen Bedeutung von beiden Gesprächspartnern lange gering eingeschätzt wurde, werden doch Phänomene erkennbar, die für das Verhältnis zwischen Synagoge und Kirche sowie zwischen Judentum und deutscher Politik grundlegend sind.

Zum einen hatte die Jüdische Gemeinde vor Juni 1992 eine für Kirchen zentrale Thematik unabhängig von kirchlichen Standpunkten vertreten und kam dabei zu Entscheidungen, die dem Land Brandenburg nahe und den Kirchen fern standen. Während eine kirchenkritische jüdische Sicht nicht neu ist, ist eine jüdische Politik mit einer deutschen Regierung und de facto gegen christliche Kirchen ein sonst aus der jüdischen Geschichte bisher unbekanntes Phänomen.

Zum zweiten ist die besondere Verbundenheit der Synagoge mit der katholischen Kirche im Vergleich zur sonst intensiven Verbundenheit mit der evangelischen Kirche neu. Der katholisch-jüdische Dialog ist insgesamt im Vergleich zum evangelisch-jüdischen Gespräch weniger entwickelt. Mit dem Grundvertrag zwischen Israel und dem Vatikan vom 30. Dezember 1993 (vgl. FrRu NF 1993/94, 88-93) wurden Standards, wie die wechselseitige staatliche Anerkennung, erreicht, die im evangelisch-jüdischen Verhältnis bereits lange selbstverständlich waren.

Zum dritten ist die Neigung im Bildungsministerium bedenkenswert, das Verhältnis zu Juden florierender darzustellen, als dies, bezogen auf die Potsdamer Gemeinde, den Tatsachen entsprach. Freilich war hier der Wunsch mitbestimmend, LER möge von möglichst vielen religiösen Gemeinschaften mitgetragen und auch öffentlich als entsprechendes Vorhaben gesehen werden. Das bezeichnete Phänomen ist aber auch Ausdruck eines Harmoniebedürfnisses deutscher Politiker im Umgang mit Juden.

Dieter Fauth

Versöhnungsweg Köln —  Istanbul

900 Jahre sind vergangen, seit ein großes Menschenheer in Köln zu den Kreuzzügen aufgebrochen war (vgl. auch FrRu NF 3/1996, 161-167). Im Glauben, Gottes Willen zu erfüllen, wollten sie Jerusalem von den „Ungläubigen“ befreien.

In den nächsten vier Jahren werden Menschen aus verschiedenen Ländern die Botschaft von Versöhnung durch Europa bis nach Jerusalem tragen, wo sie im Juli 1999 ankommen werden, 900 Jahre nach der Eroberung durch die Kreuzfahrer. Die Teilnehmer, die jetzt an dem Versöhnungsweg teilnehmen, sind Christen jeden Alters und ganz verschiedener Herkunft. Sie gehen den Weg der Kreuzfahrer nach, doch in einem anderen Geist. Sie beabsichtigen, eine Versöhnungserklärung an die Orte zu bringen, an denen Grausamkeiten begangen worden sind, um zu zeigen, daß die wahre Natur Gottes Liebe und Frieden ist.

„Vor 900 Jahren haben unsere Vorväter im Namen Jesu Christi Krieg gebracht. Erfüllt mit Furcht, Gier und Haß haben sie diesen Namen oft entweiht. Ihr Verhalten widersprach der Botschaft und dem Charakter des Messias, dessen Namen sie zu verkünden meinten. Die Kreuzfahrer schwangen das Kreuz Christi als ihre Kriegsstandarte über ihre Nation und haben dabei die wirkliche Bedeutung des Kreuzes Christi, nämlich Versöhnung, Vergebung und Selbstlosigkeit vielfach verworfen.

Am Jahrestag des Kreuzzuges tragen auch wir den Namen Jesu Christi mit uns. Unser Wunsch ist es, im Namen Jesu Christi stellvertretend um Versöhnung und Verzeihung zu bitten.

Rache war die Motivation unserer Vorväter; Vergebung ist das, was uns bewegt. Egoistische Gier trieb sie. Wir möchten dienen. Sie waren motiviert durch Voreingenommenheit. Anerkennung wollen wir anbieten. Jesus Christus, der Messias, kam, um Leben zu geben. Deshalb lehnen wir es ab, daß sein Name mit Blutvergießen in Verbindung gebracht wird.“

(Interkonfessionelle Versöhnungserklärung 1996.)

Evangelisch-lutherische Reaktion auf den 9. November 1938

Von Herrn C. C. Aronsfeld aus Harrow/England erhielten wir die Kopie des Leitartikels der in Leipzig erschienenen „Allgemeinen Evangelisch-Lutherischen Kirchenzeitung“ vom 18. November 1938. Die Ausgabe war also unmittelbar nach dem Pogrom am 9. November 1938 erschienen. Auf der ersten Seite wurde unter dem Titel „Vom Ende der Welt“ ein Text veröffentlicht, der zeigt, daß unmittelbar nach der Pogromnacht 1938 tiefste Betroffenheit in christlichen Kreisen über die Greuel der Nazis herrschte. Das Drohen mit dem nahen Weltende war als Protest gegen die damalige Zerstörung von Synagogen und Geschäften gedacht. Wir bringen den Text der Ev.-luth. Kirchenzeitung auszugsweise:

... Erst gehen die „Zeichen“ voran. Dunkle Zeichen, freudlose Zeichen. Wird denn die Freude aus der Welt ganz fortziehen? Das wird sie nicht. Die Leute vor der Sintflut freuten sich auch, nur kam dann die Flut und brachte sie alle um. Es wird falsche Freude die Menschheit blenden; die tiefer Schauenden sehen die Todeszeichen, die in der zu Ende gehenden Welt aufsteigen. Die Völker waten im Blut immer neuer Kriege, große Verführungen gehen durch das Land, die Wahrheit wird in Ketten gelegt, das Recht liegt mit gebrochenen Gliedern auf der Straße; in der Kirche Gottes hat der Abfall vom Glauben das Wort, Trübsal und Verfolgung muß sie leiden.

Die ganze Welt soll unter das Zeichen des Evangeliums kommen; seit der Geburt Christi steht sie unter dem Zeichen der Liebe Gottes: „Also hat Gott die Welt geliebet.“ Die Liebe Gottes ... ist mächtiger, als die Bosheit der Menschen. Und das Evangelium wird nicht verkürzt, wenn sie in der Kirche vom Glauben abfallen und die Liebe in vielen erkaltet ... Wie die Liebe Gottes, so glüht auch das Evangelium wie am ersten Tag und hat Macht wie am ersten Tag. Keine Schranke der Welt kann es aufhalten, kein Verbot von Kaiphas, keine Drohung der Imperatoren hemmt seinen Lauf. Es fliegt über die Meere, es steigt über die Mauern; es breitet sich aus unter fremden Nationen, es blüht und prangt unter Völkern, die es nicht mehr leiden wollen. Und seine Kraft ist mächtig in den Herzen, holt Verirrte herum, stärkt die Kleinmütigen, tröstet die Verzagten, alles wie am ersten Tag. So will es Gott, so ist es die göttliche Bestimmung; die Weltzeit vor dem Ende gehört nicht dem Teufel, sie gehört Gott, sie gehört dem Evangelium.

Erst wenn dies letzte große Zeichen sich erfüllt hat, „dann wird das Ende kommen“. Die Zeit der göttlichen Barmherzigkeit ist vorüber, mit dem Ende kommt die Zeit der göttlichen Gerechtigkeit, die Zeit des Zorns. „Dann werden heulen alle Geschlechter auf Erden.“ Denn das Weltende bringt zugleich das Weltgericht. Die Menschen sind gestorben, aber die Toten stehen wieder auf, ihre Werke auf Erden sind vergessen, bei Gott sind sie nicht vergessen, in den „Büchern“ sind sie verzeichnet. Nur die Frommen sind eingetragen im „Buch des Lebens“, sie kommen nicht ins Gericht, auf sie wartet die ewige Freude, und „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen“.

Juden in Tschetschenien

Die Tschetschenen sind wahrscheinlich eines der ältesten Völker Kaukasiens. Im frühen Mittelalter wurde das Land islamisiert. Die Juden lebten in Tschetschenien, in Aserbeidschan und Georgien sowie in kleineren Gruppen über den ganzen Kaukasus verstreut. Ein kleiner Teil dieser Juden ist zum Islam übergetreten, die meisten sind aber dem jüdischen Glauben treu geblieben.

1818 erhoben sich die Tschetschenen gegen den Bau der Festung Grosny unter dem russischen General Jermolow. Nach lokalen Aufständen flohen bis 1877 viele Tschetschenen ins Osmanische Reich.

Im Zweiten Weltkrieg erreichte die deutsche Wehrmacht die Grenzen des Kaukasus. Alle Tschetschenen wurden 1943 nach Kasachstan verbannt.

Am 27.11.1990 erklärte die Volksvertretung der Tschetschenen die Unabhängigkeit von Rußland. General Dschochar Dudajew wurde auf Grund eines Referendums vom November 1991 Präsident von  Tschetschenien. Vor Beginn des Krieges in Tschetschenien lebten etwa 1500 Juden in Grosny. Zur Zeit  des Angriffs der russischen Armee waren noch ca. 80 jüdische Familien (etwa 350 Personen) in der  Stadt gewesen. In den letzten Jahren sind mehrere Hundert ausgewandert. Die Beziehung zwischen  Tschetschenen und Juden war problemlos. Juden arbeiteten in guten Positionen oder waren erfolgreiche  Geschäftsleute. Sie wurden in Tschetschenien nie unterdrückt oder diskriminiert.

Seit der Offensive der Russen im Dezember 1994 haben viele Bewohner, auch Juden, Grosny  verlassen. Trotz Unterstützung durch die jüdische Agentur Sochnut gelingt die Flucht nach Israel  nur unter großen Schwierigkeiten.

Mark Zonis

Bundesverdienstkreuz für Pfarrer Salberg

Wegen seiner hohen Verdienste als Promotor des christlich-jüdischen Dialogs und der  deutsch-israelischen Verständigung wurde dem bekannten Essener Pfarrer Wilhelm Salberg das  Verdienstkreuz am Bande, Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland, verliehen.

Diese Nachricht erreichte uns nach Redaktionsschluß. Ein ausführlicher Bericht über seine Verdienste folgt.



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