Neuer Stuttgarter Kommentar, Altes Testament 29, hg. von Christoph Dohmen. Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 1994. 288 Seiten.
Die Umwelt der Hebräischen Bibel ist der geschichtliche Raum des Alten Orients schlechthin. Der Verfasser betrachtet die Ergründung einer fernen Epoche als „eine Reise in ein sehr fremdes Land“, in dem alles anders ist: „das Klima, das Essen, das Geld ... die Sprache“. Er beginnt mit der „jungsteinzeitlichen Revolution“, d. h. dem Übergang von „Jägern und Sammlern“ zu Sippenbauern (9.-4. Jahrtausend v Chr.) und endet mit der römischen Unterwerfung des Orients (63 v. Chr.).
Durch den Übergang zu nahrungsproduzierenden Gesellschaften wurde eine kompliziertere Form der Verwaltung und der Rechtsausübung erforderlich. Als die Stammeshäuptlinge und Sippenältesten nicht mehr alle Probleme des zwischenmenschlichen Zusammenlebens bewältigen konnten, entstand der Staat als eine Lebensform, „in der einige Menschen produzieren, andere organisieren, verwalten und schützen und dafür durch einen Anteil am Ertrag vergütet werden“. Mit dem Staat trat auch die Stadt in die Geschichte, „als Sitz von Herrschaft und Handel“. Doch auch innerhalb des Staates blieben die tribalen Segmente erhalten. „So sind nach Jahrhunderten staatlicher Verfaßtheit unter den Bauern Palästinas immer wieder Stammesstrukturen entstanden, wenn die Staatlichkeit ganz oder in einem Teilbereich zusammenbrach.“
Der vom Autor geäußerten Meinung, der 1948 gegründete Staat Israel sei lediglich „eine Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte des biblischen Israel“, kann ich nicht zustimmen. Die Einheit zwischen Religion, Volk und Land stellt ein Kontinuum im jüdischen Selbstverständnis dar; der Zionismus im 19. Jh. gab einem im jüdischen Bewußtsein stets gegenwärtigen Gedanken moderne politische Prägung. Martin Buber spricht über eine „regenerierte Einheit von Volk und Land“.
Monika Beck
Jahrgang 4/1997 Seite 53